Warum ich beinahe sehnsüchtig auf das neue Buch von Heinz Strunk gewartet habe? Nun, weil ich seit „Fleisch ist mein Gemüse“ mehr davon will, wie Heinz Strunk die Welt und das Sein in Formeln wie „der Mensch ist eben kein Beilagenesser“ komprimiert. Frisch ist es erschienen, und ich habs in den letzten beiden Tagen durchgelesen.
Jetzt, da es neben Charlotte Roches „Feuchtgebiete“ ausgelesen im Regal steht, wundere ich mich schon ein wenig, warum viele Kritiker sich von der Covergestaltung haben derart beeinflussen lassen, daß sie schrieben, Heinz Strunk habe mit diesem Buch eine peinliche Fortsetzung von Feuchtgebiete geschaffen. Das ist -wenn man von der Ähnlichkeit der Cover mal absehen mag- sachlich komplett falsch: Helen, die Protagonistin aus Feuchgebiete, ist eine Anarchistin und provoziert, wo immer sie kann, gegen die Angepaßtheit der Gesellschaft – und letztlich ohne es groß zu merken, auch immer gegen sich. Thorsten, der Fleckenteufel, ist da ganz anders: Er ist hilflos, ein Wurm im Sog der Pubertät.
Und Heinz Strunk läßt uns so teilhaben an Thorstens Irrungen und Wirrungen, die dieser im Anti-Kontinuum bestehend aus Fünf-Freunde Bücher, Landserromanen, Darmproblemen, Geschlechtsteilen und Apfelkorn auf einer 14tägigen christlichen Jugendfreizeit in Scharbeutz erlebt. Ich selbst habe zwar nie an einer solchen Freizeit partiziperen dürfen müssen, doch klingt mir die Formel der Dorfjugend von damals noch immer gut im Ohr: „Kennste Lenzte flennste“. Da wurden die ersten Zigaretten heimlich in den Dünen geraucht, die ersten Bierräusche gelitten, die ersten Zungenküsse erlebt und die ersten Liebeskummer produziert. Und der 16jährige Thorsten mittendrin, ständig gepeinigt und überfordert von den Funktionen seines heranwachsenden Körpers. Heinz Strunk versäumt nicht, uns seitenlang daran teilhaben zu lassen, was so ein Darm alles böses produzieren kann, das stimmt schon. Aber letztenendes waren es genau diese Textpassagen, wo ich vor lauter Lachtränen nicht mehr richtig weiterlesen konnte. Der Mensch ist eben ein Voyeur mit einem ausgeprägten Hang zum Fäkalhumor, das ist mir schon bei Charlotte Roche bewußt geworden.
Nicht erwartet hätte ich das Ausmaß homoerotischer Fantasien: Mal ehrlich, spätestens nach der zweiten Beschreibung von Andreas‘ mächtigem Gemächt hatte ich genug dazu gehört („Andreas, klemm dir bitte deinen Penis zwischen die Beine und fixiere ihn mit Paketband. Und dort bleibt er bis zur Abfahrt.“) Stattdessen hätte er sich gern ein wenig mehr den anderen 50% seiner Sexualität (Frauen) widmen dürfen, was aber nicht geht, weil da nunmal nicht viel mehr geht in Thorstens Leben außer festgestellten Brustgrößen der Teilnehmerinnen.
Am Ende wird dann doch noch alles gut: Der Fartmaster schließt Frieden mit seiner Verdauung („Ein Leben ohne Magen-Darm-Trakt, mit schweinchenrosa Rosette und ewig guter Laune, das wär’s.“), Susanne Bohne wird gleich mehrfach entzaubert, Bukowski ersetzt Landserhefte und Enid Blyton, eine Demarkationslinie zwischen Jungen und Mädchen verhindert Schlimmeres, und selbst auf die Salzorgien des Salzigen werden die anderen aufmerksam.
Das Buch wäre nicht von Heinz Strunk, enthielte es nicht eine Fülle von philosophischen Formeln, Simplifizierungen aus den Augen eines Heranwachsenden. Und gerade die machen, daß ich durchaus rate, dieses Buch zu lesen: „Man kann als Zwerg hundert Jahre alt werden ohne Geschlechtsverkehr, aber ein Riese ist nach zwei Wochen ohne Scheißen tot. Ja, das ist die Wahrheit.“ Unterhaltung auf niedrigem Niveau, ja, aber Unterhaltung. Und wer sich noch wundert, warum das Buch Fleckenteufel heißt, dessen Zweifel sei nach der ersten Begegnung von Thorsten mit sich selbst im Schlafsack zerstreut… Reise, reise!
Moin!
Die entzauberte Susanne Bohne hat ein Buch geschrieben!
http://www.amazon.de/Bookanizer-Jedes-Date-ein-Bestseller/dp/3862860094/?tag=traumdiebcom-21
Auch schon wieder geil! :-)
Greetz
Buk